Über das Schreiben

Ich liebe Bücher und Filme über das Schreiben. Es ist, als ob ich mich mit guten Bekannten umgebe. Mit Menschen, die so ticken wie ich. Ich liebe das Schreiben und so interessiert es mich, wie und was andere Menschen schreiben, warum sie schreiben, was sie dabei erleben. Es ist wie ein Beweis, dass es sie wirklich gibt, diese Schriftsteller. Natürlich kenne ich die Namen, die auf den Büchern stehen, weiß von den großen Schriftstellern. Aber es sind eben abstrakte Namen und vielleicht noch Bilder im Internet, so wie Schauspieler, die mir bekannt sind, aber eben nur auf eine virtuelle Art.

Es fasziniert mich, wenn Menschen von Beruf Schriftsteller sind. Oder wenn Menschen alles in ihrem Leben regelmässig beiseite schieben, um zu schreiben. Ganz für sich oder für die Öffentlichkeit. Menschen, deren Lebensmittelpunkt das Schreiben ist, aus einem inneren Antrieb heraus. Die hinausgehen oder nach innen gehen und beobachten, Geschichten suchen und finden. Die hadern mit sich und ihrem Schreiben. Mich interessieren ihre Gewohnheiten und Eigenheiten. Wie sie in diesen Raum gelangen, wo sie schreiben können, ganz physisch und auch metaphorisch. Jede/r ist anders. Wenn ich über Schreibende lese oder mir einen Film ansehe über Schreibende, dann hat es einen ähnlichen Nähreffekt für mich, wie wenn ich in einer Buchhandlung oder einem Schreibwarenladen stöbere. Papier ist Lebensstoff für mich. Zeitungsrascheln, Bucheinbände, schöne Schreibhefte. Elektronisch lesen und schreiben geht auch, alles zu seiner Zeit.

Aus dem Gelesenen, Gehörten, Gesehenen entstehen Bilder, die mich nähren, die mit meiner inneren Quelle in Resonanz gehen. Man könnte auch sagen, dass ich im Außen, in all den Büchern und Filmen, mit etwas ganz Starkem in meinem Inneren räsoniere. Meine inneren Bilder machen mich weit und friedlich. Ich erkenne Menschen, Wesen, Seelen - fiktiv und real. Es ist, als wollte ich alle authentischen Geschichten dieser Welt erzählt bekommen, auf achtsame, elegante Weise. 

Manchmal ist der Stil des Geschriebenen sehr dicht, ich komme fast nicht rein und durch; am Ende eines Satzes habe ich den Anfang schon wieder vergessen. Oder der Text ist sehr locker und offen geschrieben, einladend, so dass ich wie mit Rollerblades durchgleiten kann, ganz easy. Dann spricht die Geschichte mit mir. Es ist, als säße jemand neben mir und erzählte mir die Geschichte. Beim Lesen eines Satzes fühle ich schon den nächsten, der kommt. Ich spüre die Brillanz in dem Satz, die Wahrhaftigkeit, möchte ihn festhalten, spüren. Weil ich drin bin, in der Geschichte; alte Freunde getroffen habe, eigene Aspekte von mir. 

Für mich ist es ein Zeichen ultimativer Freiheit, mir Zeit nehmen zu können, eine Geschichte in mir oder in einem Buch zu entdecken, hineinzusinken, ihr zu folgen, sie zu erzählen oder mir erzählen zu lassen. Es bin ja sowieso immer ich. Eine Geschichte, die mich anspricht, hat etwas mit mir zu tun, ist ein Teil von mir; ich lese sie, um etwas über mich zu lesen. Wenn mich ein Buch nicht anspricht, dann ist es nicht für mich, es ist kein Teil von mir. Vielleicht später, vielleicht nie. 

Und dann gibt es die eigenen Geschichten in mir. Sie entstehen in meinem Inneren und ich drücke sie aus. Da ist nichts, ausser ich selbst. Und Stille. Und die Geschichten, die herumwabern, plötzlich auftauchen, wie aus einem tiefen See. Mit den Geschichten, die ich teile, erinnere ich andere an ihre eigenen, inneren Schätze. Es ist ganz einfach. Ich erinnere mich wieder an die Einfachheit, mit der Leben geht. Einfachheit, Stille, Fülle von innen heraus, Frieden, Liebe, Zeitlosigkeit. Wahrhaftigkeit in mir. Alles ist in mir, schon erlebt in tausend Jahren. Ich öffne den großen Schrank mit seinen unendlichen Geschichten und schaue mir eine an, lese eine, erlebe eine oder schreibe eine. Es ist immer das gleiche. Schreiben, lesen, selbst erleben, erfahren. Immer sind es Geschichten. In jedem Wort schwingt der Reichtum des Seins, den ich ganz tief in mir spüre. Das Mitgefühl für jede Figur, jede Position, jede Perspektive, jedes Erlebnis, jede Erfahrung. Vielleicht auch noch kein Mitgefühl, sondern Wut und Traurigkeit, die erst reifen müssen. Der Mut jeder Figur, sich so zu zeigen, komplett und authentisch, so dass es im Herzen berührt, bewegt, Erkenntnis ermöglicht.

Dies ist eine große Zeit. Eine Zeit des Schreibens, des Erzählens, des Entdeckens, der Geschichten. Gerade jetzt. Nicht gleich urteilen. Wirken lassen. Zwischenatmen. 

Erfahren, erspüren. 

Hörend fühlen, fühlend hören.

 

Bücher über das Schreiben:

Natalie Goldberg - Schreiben in Cafés

Dorothea Brande - Schriftsteller werden 

Julia Cameron - Von der Kunst des Schreibens

Tania Schlie - Wo Frauen ihre Bücher schreiben

Herlinde Koelbl - Schreiben!

Anna Platsch - Schreiben als Weg

Joyce Carol Oates - Beim Schreiben allein

Haruki Murakami - Von Beruf Schriftsteller

Stephen King - Das Leben und das Schreiben 

Mason Currey - Für mein kreatives Pensum gehe ich unter die Dusche

 

Filme über das Schreiben:

Forrester gefunden

Paterson 

Der Club der toten Dichter

Der Dieb der Worte

The Help

Houwelandt - Ein Roman entsteht (Dokumentation)

 

 

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